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0,4 Std KulturSchoppen


4. KulturSchoppen
des Kulturkatasters Schwachhausen
am 25. Januar 2012, 17:30 bis 17:54
im Haus Paula Becker, Schwachhauser Heerstr. 23


Heinz Stolze: Musikalische Tröstungen von Franz Liszt
Heinz Stolze spielt die Consolations Nr. 1 bis 4
und das Lied "Ihr Glocken von Marling"

Andante con moto: dolce - espressivo - dolce - poco rit. - a tempo - poco rit.___Un poco più mosso: cantando espress. - smorz. - più p - cantando espress. - più p - riforz. - dim. - smorz. - poco più f - poco rit. - a tempo - ben marcato ed espressivo il canto - smorz. - più p - cantando - appasionato - poco rit. - acentato ed espress. assai - smorz. - più dolce - acentato ed espress. - più dolce - rinforz. - smorz. - dolce - rinf. di più - più calmato - poco a poco piu riten. e dim.___Lento placido: sempre legatissimo - cantando - espress. - dolcissimo - espress. - dolcissimo - poco rit. - più espress. - più dolce - smorz. - rit. perpendosi___Quasi adagio: cantabile con divizione - espress. - marcato ed espress il basso - string. e cresc. - dim. cresc. e slargando - espress - più p - pp


Le monde, qui nous voit sourire,
Se dit: D'où leur vient ce bonheur ?

Die Welt, die uns lächeln sieht,
fragt sich: Woher kommt ihnen dieses Glück?

Zitat aus : Alphonse de Lamartine: Une larme, ou Consolation


zu Franz Liszt´s Consolations
Mit "Consolations" bezeichnet Franz Liszt ein Reihe von sechs Klavierstücken, die in endgültiger Fassung erstmals 1850 im Druck erschienen. Ihre einfache musikalische Anlage und die Überarbeitungen der ersten Fassungen bis zum Druck weisen darauf hin, dass sie wohl vornehmlich für das Klavierspiel zu Hause gedacht sind. Kann man sie wirklich, wie es die Übersetzung nahelegt, als Tröstungen auffassen? Statt dies allgemeingültig zu untersuchen, könnte man einfach durch Anhören -natürlich am besten "live" beim Kulturschoppen- ausprobieren, ob sich eine tröstliche Stimmung einstellt.

Jedenfalls steht bei diesen Klavierstücken das Klangliche und das Gesangliche sehr im Vordergrund, und immer wieder heißt es zwischen den Noten "cantando", "dolce" und "più dolce" (singend, süß, noch süßer). Während bezüglich der barocken Musik oft von "musikalischer Rede" geschrieben und gesprochen wird, die ähnlich wie eine Sprache zu verstehen sei, scheint diese Liszt´sche Musik direkt auf der Ebene von Gedanken und Emotionen zu wirken. Gerade lange anhaltende Bassklänge unter langsam fortschreitendem Drehen und Wenden von Motiven in sich reibender, ambivalenter Rhythmik, wie in der Consolation Nr. 3, nehmen den Hörer mit in eine Fühlwelt, die tröstlich zu wirken vermag, indem sie herb-schöne Traurigkeit mit aufhellenden Ausblicken unter beruhigender Klarheit verbindet und ihn in einen medidativ-wach-wohligen Gemütszustand zu versetzen vermag. In Nr. 2 erscheint eine kurze Melodie, in verschiedenen Lagen in oft überraschend wechselndem Zusammenspiel mit Begleitfiguren immer wieder ihren Ausdruck ändernd und wie ohne Ende immer wiederkehrend, so dass man meinen könnte, jede einzelne Erscheinung sei stets nur ein mehr oder weniger verformtes Abbild einer tieferen, ideellen Existenz, und schmerzhafte Prozesse in einzelnen Erscheinungen könnten diesen Kern - tröstlicherweise - niemals zerstören. In den kürzeren Stücken Nr. 1 und Nr. 2 bieten sich besonders wegen den langsamen Tempi durchgehend Möglichkeiten, das Fortschreiten von Note zu Note aus den Klängen und ihren Überlagerungen heraus zu entwickeln, so als ob ein tieferes klangliches Geschehen letztendlich die musikalische Oberfläche bestimme. Auch dies ist ein Trostaspekt - zumindest, wenn man glauben mag, dass dieser klangliche Grund es gut mit uns meint.

Als Inspirationsquelle für diese Klavierstücke nennen einige Musikwissenschaftler die gleichnamige Dichtung von Charles Sainte Beuve und auch das Gedicht "Une larme, ou Consolation" („Eine Träne, oder Tröstung“) von Alphonse de Lamartine. Ein Zitat daraus steht oben unter dem Foto.


Zum Jahr des 200. Geburtstages von Franz Lizst (2011) erschien eine lesenswerte Beschreibung dieser Musik und ihrer literarischen Hintergründe von Holger Kaletha im Forum "Aktives Hören":
http://www.aktives-hoeren.de/viewtopic.php?f=17&t=1817&start=60


zur Interpretation
Heinz Stolze spielt die ersten vier Consolations und schließt das Lied "Ihr Glocken von Marling" an, allerdings nicht in konventioneller Singart auf Text sondern mit wortfrei-instrumentaler Stimme. Hierbei bestimmt ebenso wie bei den Klavierstücken der Versuch einer Kommunikation im singbar-klanglichen Bereich außerhalb der sprachlichen bzw. sprachverwandten musikalischen Ebene diese klanglich-meditativ angelegte Interpretation. Vielleicht mag auch die körperliche Komponente des Klanges, die im Glockenklang recht ausgeprägt empfunden werden kann, direkter tröstlich und schützend wirken als Klang, der vornehmlich im Dienste von Sprachlauten oder musikalischen Motiven steht.

Letztendlich geht es bei diesem Kulturschoppen mehr um den Ausdruck eigener Lebenserfahrung als um einen pianistischen Vortrag.

Der Klangaspekt der Interpretation ist sicher auch für bildende Künstler von Interesse, zumal die Analogie zwischen Klang und Farbe bekannt ist und viele Anregungen geben kann.


Ihr Glocken von Marling
Musik: Franz Liszt (1811-1886)
Gedicht: Emil Kuh (1828-1876)

Ihr Glocken von Marling, wie brauset ihr so hell!
Ein wohliges Lauten, als sänge der Quell.
Ihr Glocken von Marling, ein heil'ger Gesang
Umwallet wie schützend den weltlichen Klang,
Nehmt mich in die Mitte der tönenden Flut -
Ihr Glocken von Marling, behütet mich gut!
Ihr Glocken von Marling, behütet mich gut!
Ihr Glocken von Marling, behütet mich gut,
behütet mich gut!
(Textwiederholungen wie im Lied)


Anmerkung
Schließlich sei noch angemerkt: In einem der bekanntesten Schubertlieder wird die Wirkung der Musik überschwenglich besungen. Dass sie trösten kann, steht hier außer Frage.

An die Musik
Musik: Franz Schubert (1797-1828)
Gedicht: Franz von Schober (1796-1882)

Du holde Kunst, in wieviel grauen Stunden,
Wo mich des Lebens wilder Kreis umstrickt,
Hast du mein Herz zu warmer Lieb entzunden,
Hast mich in eine beßre Welt entrückt,
in eine beßre Welt entrückt!

Oft hat ein Seufzer, deiner Harf' entflossen,
Ein süßer, heiliger Akkord von dir
Den Himmel beßrer Zeiten mir erschlossen,
Du holde Kunst, ich danke dir dafür!
Du holde Kunst, ich danke dir!
(Textwiederholungen wie im Lied)


Text: Heinz Stolze, Januar 2012


Ablauf
Der Kulturschoppen beginnt um 17:30. Wir bitten um pünktliches Erscheinen, bei unvermeidbarem Zuspätkommen um besondere Rücksichtnahme.


Eintritt, Anmeldung
Der Eintritt ist frei. Es sind nur wenige Plätze vorhanden. Wenn Sie kommen möchten, melden Sie sich bitte per Mail an, damit wir eine Übersicht haben, wieviele Gäste zu erwarten sind.
Zur Anmeldung senden Sie uns bitte eine Mail an kulturkataster@yahoo.de mit dem Betreff "Kulturschoppen Januar: 1 Pers., Vorname, Name". Ein Eintrag im Textfeld ist nicht erforderlich. Wenn Sie mehrere Personen anmelden möchten, tragen Sie bitte statt der "1" im Betreff die Anzahl ein und fügen die Namen hinzu.


Wir bedanken uns beim Gastgeber Heinz Thies und freuen uns auf einen weiteren interessanten Kulturschoppen.


über Ihren Besuch würden wir uns ebenso freuen
Heinz Stolze und das Vorbereitungsteam


P.S.: Schoppen danach
Haben Sie Interesse, sich im Anschluß mit anderen Kulturinteressierten bei einem "Schoppen der flüssigen Art" über die Musik oder auch über dieses und jenes auszutauschen? Dann bleiben Sie einfach etwas länger.